Kritische Geschichte der Religionen und freien Weltanschauungen

35,70 

Zusätzliche Informationen

Bestellnr

20888

Autor

Helmut Steuerwald

Ausführung

653 S., kart.

ISBN

978-3-933037-08-4

Erschienen

1999

Verlag

Angelika Lenz Verlag

Inhalt:

Endlich ein Buch, das die Religionsgeschichte aus nichtchristlicher Sicht betrachtet! Fast alle Darstellungen zur Geschichte der Religionen sind bisher von Kirchenleuten herausgegeben worden und vertreten christliche Standpunkte. Ein kleiner allgemein verständlicher Beitrag zu diesem wichtigen Bereich der Kulturgeschichte möchte dieses Buch sein, das religiöse, aber auch kulturpolitische Zusammenhänge aufzeigt. Untersucht werden die großen, aber auch die kleineren Religionsgemeinschaften, Sondergemeinschaften und Sekten und die religiöse Situation der Gegenwart. Das Christentum wird dabei besonders kritisch behandelt, weil es weltweit die meisten Anhänger hat. Darüber hinaus behandelt das Werk die Entwicklung des freien Denkens und der freien Weltanschauungen.Ein Buch für Menschen, die in ihren Anschauungen frei sind, aber auch für kritische Gläubige. Ausgewählt für die Sonderkollektion der Frankfurter Buchmesse für das Jahr 2000 mit dem Titel „Ohne Angst verschieden sein – Religion und Glaube in einer pluralen Welt“, die während verschiedener Buchmessen, Ausstellungen und in Buchinformationszentren in Mittel- und Osteuropa, Europa, Nahost, Asien, Lateinamerika und Afrika gezeigt wird.

++++++++++++++++++

REZENSION

Diese umfangreiche Arbeit Helmut Steuerwalds ist entstanden aus Vorträgen, die der Autor als Freidenker im Lauf vieler Jahre im freigeistigen bzw. freidenkerischen Spektrum vorwiegend vor Jugendlichen gehalten hat. Wie der Titel bereits andeutet, handelt es sich dabei nicht um eine Geschichte der Religionen bzw. der Kirchen allein, auch nicht um eine Geschichte freier Weltanschauungen allein. Was hier unternommen wird, ist der Versuch, der realen Kulturgeschichte weltanschaulichen Denkens nachzuspüren. Und diese spielt sich nicht im abstrakten Raum einer für sich isoliert bestehenden Geistesgeschichte entweder religiösen oder freien weltanschaulichen Denkens ab, sondern auf dem Boden der wirklichen Geschichte von Menschen, die geschichtlich ihre Lebensbedürfnisse zu befriedigen und ihren mehr oder weniger wohl verstandenen, aus ihrer Daseinssituation hervorgehenden Bedürfnissen und Interessen nachzugehen haben. Ein Ausdruck dessen sind auch die Auseinandersetzungen auf weltanschaulichem Gebiet, speziell in den vielseitigen und vielschichtigen Wechselbeziehungen religiöser und/oder nichtreligiöser weltanschaulicher Überzeugungen der Individuen sowie der mehr oder weniger tiefgehenden philosophischen und theologischen Theorien.
Es ist sehr zu begrüßen, dass sich ein Freidenker ausführlicher als bisher an eine solche Gesamtdarstellung gewagt hat, die fast nur die Domäne von Kirchenleuten war. Gemäß dem Grundsatz Spinozas (Ethik LV. Teil, Lehrsatz 67), demzufolge die Weisheit des frei denkenden Menschen „ein Nachsinnen über das Leben” ist, verhält sich Steuerwald als Freidenker bei aller kritischen Sicht auf Religionen stets tolerant: Er hat nicht die Ausschließlichkeit bzw. „Überlegenheit” eines Ismus oder einer Glaubenslehre gegenüber anderen, „Irrlehren” oder „Aberglauben”, „plausibel” zu machen, sondern das „buntscheckige”, an Gegensätzen reiche Verflochtensein aller Weltanschauung in das wirkliche Leben aufzuweisen, die weltanschaulichen Auseinandersetzungen als Reibungen widersprechender Positionen um Orientierung in widersprüchlichen Lebensverhältnissen darzustellen.
Die geistige Selbst-Befreiung der Menschen aus der Gefangenschaft blinder Gläubigkeit und Hörigkeit fremder Autorität gegenüber ist ein qualvoller, konfliktreicher Prozess, in dessen Verlauf manch neuer Gedanke in alter Form auftaucht, manche atheistische Richtung innerhalb religiösen Denkens aufkommt und manche Lehre, die selbst nicht religiösen Charakters ist, wie eine Religion gehandhabt wird.
Von Wert ist auch, dass der Autor Stammesreligionen, antike religiöse bzw. weltanschauliche Lehren sowie nichteuropäische Religionen in seine Betrachtungen einbezieht. In einer Zeit wie der heutigen, in der die Menschen nicht nur unterschiedlicher Staats- und Wirtschaftsgebiete, sondern auch verschiedener Kulturkreise und kultureller Traditionen enger Zusammenleben und -wirken, gehört das Wissen um weltanschauliche bzw. religiöse Prägungen vieler Gepflogenheiten des Alltagslebens einfach zu den Voraussetzungen für den verständnisvollen, die Würde aller Menschen in allen Regionen achtenden Umgang miteinander. Die Beschäftigung mit solchen Kulturfragen kann nicht nur eine Frage der persönlichen Neigung sein, sondern wird immer mehr zu einer Lebensfrage für die Menschheit, die immer deutlicher auch an den Einzelnen herantritt. Sie ist eine Frage unserer gegenwärtigen und zukünftigen humanen Handlungsfähigkeit. Man kann Steuerwalds Anliegen als einen freidenkerischen Beitrag zu solcher Kultur bewerten.
Es ist dies zugleich eine Wiederaufnahme des durch die Herrschaft der Bourgeoisie bis heute unabge goltenen Auftrags der bürgerlichen Aufklärung, „in den Genius der Völker” einzudringen (O. Goldsmith), dem z. B. auch Herder und Lessing in theoretischen Schriften und in anderen literarischen Werken so einprägsam nachgekommen sind. Sie hatten beim Eindringen in den „Genius der Völker” sicherlich an die Hebung geistiger Schätze bei allen Völkern, um sie zum Besten der Menschheit aufzubereiten, gedacht, nicht an Bomben.
Für Freidenker wird daraus sichtbar, aus welch reichen Quellen sie in ihrem Denken für Gegenwart und Zukunft schöpfen können, und wie groß die Bandbreite toleranten Denkens sein kann, wenn sie – bei aller kritischen Sicht – in der Öffentlichkeit wirklich etwas bestellen wollen. Bleibt doch in allen historisch fortschrittlichen Wandlungen auch heute notwendig, den geistigen und Erfahrungshorizont der Menschen in allen Regionen der Erde zu beachten, an ihn anzuknüpfen, wenn man ernstlich eine Weitgemeinschaft anstrebt. Der Autor eröffnet durch seine Darstellung auch dazu einen Zugang.
Durch den Zusatz zum Buchtitel, dass er seine Arbeit als eine Einführung angesehen haben will, erhebt Helmut Steuerwald selbst bescheidene Ansprüche Er ist kein Fachhistoriker und kein Philosoph von Fach und Zunft. Beide könnten mit Recht auf eine ganze Reihe Schwachstellen im Buch aufmerksam machen. Vor allem stützt sich der Autor auf eine Fülle Sekundärquellen, in vielen Fällen wäre ein Eingehen auf Originalaussagen der Konkretheit der Arbeit bekömmlicher gewesen. Die häufig anzutreffende Redewendung „… kam es dazu, dass…“, wäre so öfter mit konkreterem Inhalt zu füllen gewesen. In einigen Passagen wäre auch eine nähere Bezeichnung der sozialen Kräfte, die Träger bestimmter Ideen waren, zum Verständnis der dargestellten Zusammenhänge besser gewesen. Wer sich der Wissenschaft widmet, muss ja nicht unbedingt auf die Verwendung des historisch \sor Marx entstandenen und gegründeten sozialwissenschaftlichen Begriffs der Klassen verzichten, nu r weil einige Politiker, die sich als Marxisten bezeichneten, diesen Begriff vulgarisierten, verzerrten, verfälschten, wahrend andere Politiker dies als angeblich Marxsche Gedanken denunzieren.
Erfreulich ist, dass Helmut Steuerwald sich als akademisch nichtspezialisierter Freidenker an das anspruchsvolle Projekt gewagt hat. Er legt einfach als Freidenker einen Versuch zu einer kritisch freidenkerischen Gesamtdarstellung einer lebensbedeutsamen Seite geistiger Kultur der Menschheit vor, das als Nachschlagewerk gute Dienste leisten kann. Sicherlich wird es Leute geben, die „warnend” sagen werden: „Aber andere sehen manches ganz anders.” Na sowas, Freidenkern wäre das ganz neu! Wir sollten die Arbeit eher zum Anlass nehmen, den Anregungen kritisch folgend verschiedene Knotenpunkte der Geschichte freien Denkens in kleineren Darstellungen eingehender zu betrachten. Kurz zusammengefasst:

Bücher
1. Helmut Steuerwald hat als Freidenker für alle Leser, auch für akademisch nicht ausgebildete, eine anregende und auch lesbare Arbeit vorgelegt. 2. Er hat eine Einführung in die an Ideen und Kämpfen reiche Geschichte weltanschaulichen Denkens gegeben, die dazu anregt, sich mit vielen Vorgängen gründlicher zu beschäftigen, – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Anregung zu geben sowie Mut zur Anstrengung des eigenen weltanschaulichen Denkens zu machen, ist schließlich eine der vornehmsten Aufgaben der Freidenker. Und die Geschichte zeugt vom Mut nicht nur einiger herausragender Individuen, sondern auch unendlich vieler namenloser Menschen, sich unter inneren und äußeren Auseinandersetzungen mit Gewohnheiten, Zweifeln oder Angst vor Konsequenzen des eigenen Denkens als Kinder der Lebensbedingungen ihrer Zeit aus der babylonischen Gefangenschaft in Vorurteilen, Dogmen, Demutshaltungen, blindem Glauben an fremde Autorität zu befreien. 3. Er hat aus Verläufen der Geschichte heraus sichtbar gemacht, dass Freiheit des Denkens nicht in einem idealen Zustand „besseren Wissens” bestehen kann, sondern nur in dem Streben lebendiger Menschen, sich auf der Höhe ihrer Zeit in ihrem weltanschaulichen Denken vom blinden Glauben an die Ansichten und Urteile fremder Autoritäten unabhängig zu machen.
Man mag den Umfang des Buches bemängeln. Wer es als Nachschlagewerk benutzt, wird es mit Gewinn lesen und viele neue Informationen aufnehmen sowie manchen Denkimpuls empfangen. Für die Handbibliothek von Freidenkergruppen möchte ich es sehr empfehlen.

Hans-Günter Eschke

Bewertungen

Nur angemeldete Kunden, die dieses Produkt gekauft haben, dürfen eine Bewertung abgeben.