Wilhelm Ostwald: Monismus und Energie

18,90 

Zusätzliche Informationen

Bestellnr

21021

Autor

Arnher E. Lenz / Volker Mueller (Hg.)

Ausführung

225 S., kart.

ISBN

978-3-933037-84-8

Erschienen

2012

Verlag

Angelika Lenz Verlag

Inhalt:

Mit seiner „Energetik“ entwickelte der Chemiker Wilhelm Ostwald eine philosophische Lehre. Bereits 1890 vertrat der spätere Vorsitzende des Deutschen Monistenbundes die Auffassung, Energie sei die Primärsubstanz und Materie eine besondere Erscheinungsform derselben. Auf seinen Energiebegriff wollte er auch die ökonomischen Wissenschaften und die Kulturwissenschaften gründen. Die logische Konsequenz aus Ostwalds naturwissenschaftlichen Erkenntnissen ist sein energetischer Imperativ: „Vergeude keine Energie. Verwerte und veredle sie!“ Die praktischen Auswirkungen seines bewussten energetischen Handelns – heute würde man sagen: seines Bemühens um Nachhaltigkeit – besitzen eine gesamtgesellschaftliche Dimension, die sich erst im 21. Jahrhundert vollständig entfaltet. Mit seinem energetischen Imperativ sowie vielen seiner „Weltprojekte“, die ebenfalls in diesem Buch vorgestellt werden, war Ostwald seiner Zeit voraus. Die globale wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Bedeutung seiner Forderung wirkt heute unübersehbar. Im Kern bleibt Ostwalds ganzheitliche Betrachtung und wissenschaftliche Naturerkenntnis der Welt, seine monistische Weltanschauung mittels seiner Energetik von herausragender Bedeutung.

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REZENSION 1

Verschwende niemals Energie, stets aufbauend benutze sie!

Das im Angelika Lenz Verlag erschienene Buch „Wilhelm Ostwald: Monismus und Energie“ kommt zur rechten Zeit, um das steigende Interesse an dem immer mehr Raum einnehmenden Thema Energie bzw. Energieeffizienz in Erinnerung zu rufen, und zwar in Verbindung zu dem großen Wilhelm Ostwald, der den Monismus begründet hat. Beide Hauptbegriffe beziehen sich auf die eine Urkraft, die uns am Leben hält und die Welt bewegt.
Wir sind aufgefordert, einen Menschen kennenzulernen, der seinerseits als ein Vielfachbegabter mit Vernunft diese unsere Welt zum Frieden hin bewegen wollte und dessen Enthusiasmus uns auch nach hundert Jahren noch inspirieren kann, wie ein ideeller und zugleich praktischer Nachfolger auch in unserer Zeit gezeigt hat. Aber es sind immer noch zu wenige unter den Wissenden, die danach handeln, was jeder weiß: Die Zukunft ist jetzt! Und so versündigen sie sich am Ethos der zivilisierten Welt. Auch Geisteswissenschaftler dürften sich angesichts der prekären Gesamtlage nicht zurückziehen.
Es gibt Bücher, die genau in die Zeit passen, und man ist dankbar dafür. Der oben zitierte energetische Imperativ als Widmung für Wilhelm Ostwald – er stammt aus einem philosophischen Langgedicht von Lutz Geldsetzer – wird in neun sehr interessanten Beiträgen verschiedener Autoren mit unterschiedlichen Themen zu Wilhelm Ostwalds Schaffen auf jeweils zwanzig bis über dreißig Seiten gründlich behandelt. Die einzelnen Aufsätze beinhalten also: „Wilhelm Ostwalds naturwissenschaftlich begründeten Monismus in Verbindung mit freigeistiger Weltanschauung“ (Volker Mueller); „Ostwalds energetischem Imperativ als Quelle der Nachhaltigkeit“ (Wladimir Reschetilowski); „Wilhelm Ostwalds Rationalitätsanspruch und die Krise der Vernunft“ (Andreas Braune); „Wilhelm Ostwald und die Naturphilosophie“ (Erich Satter); „Im Getriebe der Weltwirtschaft – Ostwalds Investitionen in einen globalen Währungsstandard“ (Markus Krajewski); „Wilhelm Ostwalds ‘Gedanken zur Biosphäre’ aus der Sicht der Biophilosophie“ (Jan Bretschneider); „Ostwalds Farbenlehre und Farbforschung“ (Peter Reuther); „Die Mitwirkung von Naturwissenschaftlern im Deutschen Monistenbund und in anderen freidenkerisch orientierten Organisationen zwischen 1906 und 1914“ (Jan Peter Domschke); „Wilhelm Ostwald: Die Energiefrage in historischer Perspektive – Das Thema unserer Zeit“ (Arnher E. Lenz).
In diesem letzten und äußerst aktuellen Essay lässt Arnher E. Lenz noch einmal in einem großen Überblick den Hauptstrom dieses wissenschaftlich geprägten Lebens an uns vorübergleiten, und zwar auch mit den überraschenden, immer noch aktuellen Nebentätigkeiten, Erkundungen und Erforschungen wie Kunstsprache und Farbenlehre, die sich aber in den Rahmen der Gesamtorganisation dieses Forscherlebens sinnvoll einfügen.
Ein Unterkapitel am Schluss: „Die Erben Ostwalds, beispielsweise Hermann Scheer“. Dieser von Wilhelm Ostwald inspirierte kämpferische „Solarfighter“, der unermüdlich eine solare Weltwirtschaft propagierte, starb leider schon im Jahre 2010 im Alter von 60 Jahren. Er fehlt uns sehr. In einem Nachruf von Christiane Grefe wurde er als „Praktischer Visionär und Urdemokrat“ bezeichnet. Der Energieexperte war ein weltweit gefragter Mann für eine demokratische Kontrolle der Energieversorgung.
Es gibt viele engagierte Menschen, die sich redlich Mühe geben, das energetische Prinzip auch anzuwenden. Das Feuer, das Ostwald entzündete und Scheer weitertrug, brennt immer noch – auch und besonders aus schierer Notwendigkeit, wie die Technologieschau in Hannover in besonderer Weise mit Blick auf China gerade gezeigt hat, wo Energieeffizienz ein Schlüsselbegriff war. Buchstäblich jeder Zeitgenosse ist aufgefordert, die Fackel aufzuheben und weiterzutragen.
Als eine gute Anregung, die Formel des energetischen Imperativs „Vergeude keine Energie, verwerte sie!“ auch in ihrer Mehrdimensionalität zu verstehen, kann uns Wilhelm Ostwalds äußerst interessantes Forscherleben dienen. Wir sind gefordert. Jeden Tag aufs Neue.

Bernhard Ahlbrecht

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REZENSION 2

Am 11. September 1911 schloss Wilhelm Ostwald vor mehr als 3000 Zuhörern das erste länderübergreifende Monistentreffen mit den Worten:
„Hiermit schließe ich den ersten internationalen Monistenkongress und eröffne das monistische Jahrhundert!“
Drei Jahre später brach der Erste Weltkrieg aus, der mit seinen Folgekonflikten das 20. Jahrhundert zum wohl blutigsten der Geschichte machte. War der Monismus damit widerlegt? Er vertrat ja die These, dass die Welt von einem Prinzip beherrscht wird, dass z.B. Geistiges und Materielles keine Gegensätze sind, sondern unterschiedliche Erscheinungsformen des gleichen Urstoffes. Für den Chemiker Ostwald war das die Energie, während sein Bundesgenosse, der Zoologe Ernst Haeckel, die Welträtsel mit Hilfe von Darwins Evolutionstheorie zu lösen suchte. Diese Positionen schlossen sich nicht gegenseitig aus, sie setzten lediglich andere Schwerpunkte. In einem Punkte waren sich Ostwald und Haeckel jedenfalls einig: Beide glaubten, dass der wissenschaftliche, technische, zivilisatorische Fortschritt der Menschheit etwa so Unsinniges und Schädliches wie einen Krieg künftig ausschließen müsste.
Der Monismus fand vor dem Ersten Weltkrieg viele Anhänger unter Naturwissenschaftlern, Ärzten und Technikern, weniger unter Geisteswissenschaftlern wie z. B. Historikern, und nur ganz selten unter Philosophen. Die Lehrstühle an den Universitäten besetzten Hegelianer und bestenfalls Kantianer, die den „Materialismus“ verachteten; der mochte ja für Physik und Chemie und allenfalls noch für Botanik und Zoologie ganz brauchbar sein, hatte aber in der „geistigen“ Welt der Philosophen nichts zu suchen. Ostwalds Ruf als Chemiker schadete das nicht, er hatte ja immerhin 1909 den Nobelpreis für seine bahnbrechenden Forschungen auf dem Feld der Katalyse erhalten, aber wenn er sich in das philosophisch-weltanschauliche Revier wagte, wie in seinen „Monistischen Sonntagspredigten“, dann wurde das als Steckenpferd eines ansonsten ganz tüchtigen Mannes milde belächelt.
In dem vorliegenden Sammelband haben die Herausgeber Volker Mueller und Arnher E. Lenz Fachleute für Umweltschutz, Politikwissenschaft, Geschichte, Philosophie, Weltwirtschaft, Biologie, Farblehre und Bildkunst sowie Geschichte des Monistenbundes dafür gewonnen, die Bedeutung von Ostwalds Prinzip der Energie als Grundkraft alles Seienden für das jeweilige Sachgebiet herauszustellen. Das ist in allen Fällen sehr beachtlich und hilft, sonst schwerverständliche Vorgänge zu begreifen. Vermutlich sind die neuesten Resultate der Kernphysik, die in riesigen Elektronenschleudern winzige immaterielle Energiebröckchen produzieren, eine Bestätigung von Ostwalds genialer Hypothese, dass nicht Materie die Grundsubstanz unserer Welt ist, sondern Energie. Monisten sind also keine Materialisten!
Die in dem Buch gesammelten Artikel sind durchweg allgemeinverständlich geschrieben und verzichten auf den für Laien abschreckenden Fachjargon. Was Ostwalds Energiemonismus für unser Selbstverständnis als denkende und fühlende Lebewesen bedeutet, verraten die Autoren nicht, das muss der Leser selbst herausfinden. Wenn er zu dem Ergebnis kommt, er sei ein Energiebündel mit guten und weniger guten Eigenschaften, wobei die Evolution aber dafür gesorgt hat, dass in seinem Falle die guten überwiegen, dann hat sich die Lektüre für ihn gelohnt!
Hartmut Heyder (Freie Humanisten Neustadt/Rbge.)

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